Ashtanga Yoga Intensive mit Clayton Horton im Private Yoga Institute, Frankfurt

Über Wochenend-Workshops zu schreiben war und ist nicht meine Absicht. ABER über Clayton Horton muss ich einfach berichten! Welch toller Mensch und Lehrer!!!! Wenn Du ihn in der Nähe auf einem Workshop findet: GEH HIN!

 

Das Event mit Clayton hat mir meine erste Ashtanga Yoga Lehrerin - Rosy Krebs - vorgeschlagen. Ich kannte ihn vorher nicht, nach einer kurze Google Suche fand ich einige Videos, die mich schwer an die 70er Jahre erinnerten- jedenfalls sein genial gezwirbelter Oberlippen - Schnurrrrbart :-) "KPJAYI Certified" fand ich noch heraus, aha. So erwartete ich einen traditionellen Lehrer, aber wie alle lang Praktizierenden hat auch er seine eigenen Erfahrungen gesammelt und teilt diese, auch unabhängig von KPJAYI-Normen. Eine Bereicherung! Wo viele nur darüber reden, dass Mysore Unterricht an den Schüler angepasst wird, wendet er es auch tatsächlich an. Und das fühlt sich einfach nur total genial an!

 

Kaum von Philippa Asher's 1-Wochen Intensive zurück gekommen, spürte ich noch immer diesen abgefahrenen Muskelkater in den "inner thigh", der einfach nicht weggehen wollte. Auch die Schultern meldeten Ermüdungserscheinungen - uff! Ich warf mich auf die Couch und war mir sicher, dass ich mich die nächsten zwei Tage nicht mehr davon rühren würde! Und am nächsten Morgen sollte es schon weiter gehen?! Niemals!

 

Doch dann entschloss ich mich "Ach, Sonnengrüße und Standpositionen gehen schon! Übst du halt einfach ganz locker flockig bis Purvottanasana, und hälst dafür in allen Positionen 8 Atemzüge. Schön atmen - das geht doch wirklich immer!!" 

Das schien mir ein guter Plan. Gesagt getan.

So startete ich am nächsten morgen frisch nach Frankfurt.

 

Die Mysore Stunden waren sehr voll und so wurden Startzeiten vergeben. Im großen Raum wurden die Serien geübt, für das Finishing zog man in den kleineren Raum um. Selbst mit den Startzeiten ging es nicht ganz auf, und so saß ich mit einigen Yogis vor der Tür, bis die ersten raus kamen. Das war sehr schön, noch einige Zeit zu sitzen, die Ruhe zu genießen, und sich mit den anderen auszutauschen: wo sie herkamen, bei wem sie übten und wie es dort so ist. An welcher Position man gerade hangelt, was einem vielleicht weh tut, wohin man reisen könnte....Ashtanga Talk. :-) Und so traf ich neben Frankfurter und Mainzer noch viel weiter Angereiste. 

 

Die Zeit hab ich dann auch genutzt um die AYI Hüftsequenz zu üben, denn drin im Raum würde das 100%-ig nicht gehen. Nicht-AYI Lehrer kennen Ron's Super Sequenzen ja nicht! Schade eigentlich, die sind echt bereichernd und ausgleichend. Gerade die Hüftsequenz macht die Hüfte so geschmeidig. Wenn ich sie vor der Praxis übe, ist die Hüfte butterweich und klemmt nicht.

 

Schließlich war auch ich an der Reihe, und habe mit einem freundlichen Lächeln in Clayton's Gesicht einen Mattenplatz zugewiesen bekommen.

Bei der Praxis hab ich mir unheimlich viel Zeit gelassen und tief geatmet. Noch war ich der felsenfesten Überzeugung nach Purvo direkt ins Finishing zu gehen. Bei den Standpositionen in Utthita Trikonasana kam Clayton und gab mir eine richtig angenehme Hilfestellung, die sich einfach nur richtig gesund und gelängt angefühlt hat. TOLL! Und schwupps war er bei Utthita Parshavakonasna auch wieder da, und hat mir von Fuß bis Kopf Länge, Kraft und Stabilität gegeben, wie erstaunt ich war, wie anders sich die Position nun angefühlt hat! Ich wollte gar nicht mehr aus ihr heraus gehen, bei 8 hab ich aufgehört zu zählen, weil ich mich einfach nur noch daran erinnern wollte, wie sich das anfühlt, so dass ich das auch wieder allein hinbekomme! Einfach Wow! 

Die Energie war in mir am strömen und rotieren, von allen Seiten hörte ich die Yogis atmen, es war eine tolle Energie im Raum - und schon war all die Müdigkeit vom Vortag verschwunden. :-) Genial, hach, ich liebe Ashtanga Yoga einfach! Nach Purvo gings natürlich dann auch direkt weiter, denn ich wurde wacher und wacher, und so lange ich von Vinyasa zu Vinyasa mehr Kraft spüre übe ich natürllich auch weiter. 

 

Da ich seit letzter Woche ein paar Zwicker im Knie verspürte, habe ich im Verlauf der Praxis die Lotuse nicht gebunden, und wurde auch nicht ermuntert, dies zu tun, was wirklich sehr angenehm war! (Denn sind wir mal ehrlich, wenn ein Lehrer kommt und fragt, dann versucht man es eben doch, soweit wie es geht...). Richtig toll fand ich das, dass ich variieren durfte ohne ein schlechtes Gewissen zu bekommen, was nicht "regelkonform" zu machen. 

 

Obwohl der Raum voll war, hab ich mich stets beachtet gefühlt. Seine Hilfestellungen waren sehr zielführend und präzise.

 

Nach einer kurzen Pause gab es den Workshop - THE FIVE ELEMENTS OF ASHTANGA YOGA.

Im Vorfeld hab ich mich gefragt, was diese 5 Elemente wohl sein sollen?

Das sind sie:

 

1. SHAPE: das, was von außen sichtbar ist, die Form einer Asana.

 

2. INTERNAL ACTION: Alle Ereignisse im Innern.

Muskelkontraktionen&-dehnungen, Bandhas, Prana/Chi- Fluss, Einfluss auf Nervensystem.

 

Clayton hat sehr viel über Bandhas erzählt, welche Muskeln daran beteiligt sind und was sie energetisch bewirken. Was mir besonders in Erinnerung geblieben ist, war das Bild eines mit Lichterketten behängten Tannenbaumes. Wenn unserer Energie nur im 1.+2. Chakra lokalisiert ist, dann ist der Tannenbaum nur unten beleuchtet, Mitte und Spitze sind nicht beleuchtet- ein Großteil in uns ist dann nicht lebendig!

 

Mula Bandha bringt links und rechts zusammen, erweckt die Energie (Prana) und bewegt sie aufwärts - im Tannebaumbild wäre dann der ganze Baum erleuchtet. Prana nennt er übrigens auch "FLUID INTELLIGENCE" oder "FLUID AWARENESS".  

 

Er sprach mehrmals an, wie wichtig es ist, das Steißbein tief zu halten (tailbone down!), denn nur so kann der Beckenboden  kontrahiert bleiben, also Mula Bandha aktiv sein. Sind dann die unteren Rippenbögen flach an den Bauch angelegt, was er mit Uddiyana Bandha bezeichnet, so treffen sich am Ende der Ausatmung Mula + Uddiyana Bandha und verlinken sich. Hierfür zeigte er das Bild von zwei sich kreuzenden Ringen. Deswegen betonte er, wie wichtig es ist, mit der Ausatmung immer wieder die Rippenbögen flach anzulegen (für die Anatomie Freaks: M. Obliquus Externus Abdominis zu aktivieren). Auch ein tolles Bild dafür! Für den Herabschauenden Hund hat er es so erklärt: Versuche mit der Ausatmung das Herz nach oben Richtung Rücken zu drücken. Das habe ich ausprobiert und auch für effektiv befunden.

 

3. BREATH

Wir atmen nur durch die Nase weil es erhitzen soll und das Nervensystem herunterfahren soll. Wenn Schüler durch den Mund atmen werden sie durstig, denn es trocknet den Mund aus. Der erhitzende Effekt geht (gleich zweifach!) verloren (ich habe gehört es gibt nur ein Säugetier, dass durch den Mund atmet - Hunde).  Man soll nicht zu laut atmen, da es in der Kehle weh tun kann und sie auf Dauer schädigen kann.

 

Wer große Spannungen im Körper hat, kann meist nicht richtig atmen, die Brust ist dann zu eng. Wer z.B. als Kind eine sehr angstvolle Situation hatte, hat sich da in sich zusammengezogen, was bis in das Erwachsenenalter erhalten geblieben sein kann. Dann fällt es schwer in die Brust zu atmen und die zu weiten. Hier sollte man den Fokus auf den Heraufschauenden Hund und auf Rückbeugen legen.

 

Wir sollen auf keinen Fall halbe Ausatmungen machen, sondern immer voll ausatmen, damit man leer wird für die nächste Einatmung. Wie logisch, oder? Deswegen sollte die Atmung auch gezählt werden, idealerweise sollten Ein- und Ausatmung gleich lang sein. Eine zu kurze Ausatmung kann viele Krankheiten verursachen (Verstopfung ist eine davon).

 

4. ATTITUDE

Bist du eher faul & träge oder machst Du immer noch mehr und zuviel? Wer zu sehr pusht neigt zum überhitzen und überstimuliert sein Nervensystem, was unerwünscht ist.

Wir sprachen über die 8 Glieder des Ashtanga Yoga und es folgte eine ausführliche und sehr schöne Auslegung der Yama & Niyama (Verhaltensregeln den anderen und sich selbst gegenüber). Mit wuuunderschönen Beispielen aus dem Alltag, ganz nah am Leben und für jedermann verständlich (Philosophie kann auch manchmal total ungreifbar sein, nicht bei Clayton! Es war geradezu spannend ihm zu lauschen!) 

 

5. AWARENESS

Wir werden durch die Praxis immer sensitiver, zuerst mit unserem eigenen Körper. Wir können auf einmal Dinge wahrnehmen, die für uns vorher vollkommen außerhalb des Erfahrungshorizontes gelegen haben. Dies geschieht erst im Körper, dann können wir auch zunehmend unsere Handlungen wahrnehmen z.b habe ich das letzte Nacht gemacht, ahhh, so fühlt sich dann die Praxis am nächsten Tag an. Ich habe dies zu einem anderen gesagt, ahhh, so fühlt es sich das nun für mich an. Wir sehen immer mehr den Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung.

Was wir getan haben bestimmt wo wir als nächstes hingehen (Karma).

 

Dies war der philosophische Teil, ja, ich hätte mich mit einer Tüte Popcorn hinsetzten können und ihm noch einen ganzen Abend zuschauen & lauschen können. Doch dann ging es anatomisch weiter mit der Zerlegung der Sonnengrüße und der Fundamentals, wo wir tailbone in und ribcage in noch einmal üben konnten.

 

Anschließend gab es einen Workshop zum Thema Backbendings. 2.5. h voll mit Erwärmungen, vorbereitenden Übungen, etwas länger gehaltenen heraufschauenden Hunden bei jedem Vinyasa, jeder Menge Twists aus der 1. + 2. Serie und einigen sanfteren Formen der Rückbeuge, mehrere Urdhva Dhanurasana und zum Ende Drop-Backs. Eine wahnisnns stimmige sanfte Class mit Tiefgang! Ich habe die Übungsabfolge mitgeschrieben. Wer die Übungen haben möchte kann mir gerne schreiben. Dann tippe ich sie ab. :-) Es hat sich sehr sehr gesund & stabil angefühlt, völlig druckfrei im unteren Rücken (gut sequenziert und immer wieder darauf hingewiesen, dass der Po unbedingt locker sein muss).

 

In der Endentspannung hat er seine Gitarre genommen und uns etwas gespielt und gesungen. Oh wow, wenn das Herz nicht schon vorher von seiner total übersympathischen Art berührt war, dann ist es spätestens hier vollkommen aufgegangen! 

 

Mit glücklichen Augen haben wir uns alle verabschiedet. 

 

Ich war überrascht und irgendwie auch betrübt, dass nur so wenig Leute sich dafür interessierten, was Clayton in den Workshops zu teilen hat! So viel zur Mysore Klasse auch da waren, warum so wenige im Workshop? Clayton ist so authentisch, einfühlsam, ruhig und erfahren. Die hippen neuen Studios mit trendy Werbungen ziehen doch bestimmt zig Leute - warum so ein erfahrener Fels in der Brandung nur so wenige? Warum gehen Leute lieber zu schicken, jungen Lehrern und um anonym in einer großen Gruppe unter zugehen anstatt in einer kleinen Gruppe wirklich an einem Thema weiter zu arbeiten?

Die größten Lernfortschritte und richtig einschneidende AHA Erlebnisse hatte ich stets bei erfahrenen Lehrer, die ihre Didaktik schon so weit entwickelt haben, dass ich es auch verstehen konnte!

 

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Karin Laux (Samstag, 20 Oktober 2018 20:44)

    Dieser Bericht hört sich so toll an, dass ich neidisch werden könnte....schade, dass ich von dem Workshop nichts wusste. Die Übungen interessieren mich auch.
    Und: vielleicht könnten wir ihn ja mal nach Wiesbaden einladen?

  • #2

    Jeannine (Sonntag, 21 Oktober 2018 20:12)

    Liebe Karin,
    das Private führt zwar einen Newsletter, aber regelmäßig auf der HP vorbeizuschauen lohnt sich noch mehr. Sie haben ganz oft erfahrene Lehrer da!!
    Deine Begeisterung finde ich toll, ob wir ihn jemals einladen können, wer weiß?! Er würde auf jeden Fall gut zu unserem Ansatz passen, das stimmt wohl! :-)
    Danke Dir für den Denk-Anstoß!