Mysore im Ashtanga Yoga Bali Research Center mit Anthony „Prem“ und Radha Carlisi

Wo geht die Ashtangareise diesen Winter hin? Diese Frage stelle ich mir seit ein paar Jahren mit Anbruch der kalt-dunklen Jahreszeit. Zu Lino Miele und seiner bezaubernden Frau Desirée nach Kovalam/ Kerala/ Indien konnte ich diesmal nicht, denn sie unterrichten dort ausschließlich im Dezember und Januar. Für Philippa Asher's außergewöhnliches Ashtanga Homestay Retreat in Südindien war ich leider zu spät. Die acht Plätze waren bei meiner Bewerbung im Oktober (für Februar) bereits vergeben. Ich erinnerte mich, auf Ron Steiner's Homepage ein wunderbares Interview mit Anthony „Prem“ Carlisi gelesen zu haben. Seine Worte haben in mir resoniert. Beim zweiten lesen fand ich ihn sogar noch spannender! Da auch schon einige Freunde sehr gut über die Shala und den Unterricht mit Prem und Radha Carlisi berichtet haben, war es nicht schwer, mich für Bali, genauer gesagt Ubud, zu entschieden. Welch unbeschreibliches Glück, dass ich hier gelandet bin! Ubud ist ein Yoga, Meditation und Healing Mekka! 

Nach einigen Mails mit Bonnie, die die Organisation der Neuankömmlinge leitet, war mir auch gleich klar: dort werde ich mich wohl fühlen! So hab ich mich für vier Wochen angemeldet, die verbleibenden zwei Wochen wollte ich mir Kirsten Berg im „Usada“ sowie Iain Grysak im „Seeds of Life“ anschauen. Nachdem ich mich aber bei Prem und Radha so wohl fühlte, und weitere Ashtangis inUbuds veganen Restaurants getroffen habe, mit denen ich über Kirsten und Iain geredet habe, beschloss ich, bis zum Ende mit Prem und Radha weiter zu üben. Hier wusste ich genau, woran ich arbeiten kann, und es hätte auch gar nichts gebracht, für eine Woche in eine neue Gruppe zu wechseln! Nach einer Woche hat man sich gerade an den neuen Lehrer gewöhnt, und weiß, wie er die Serie lehrt. Man muss sich an jeden Lehrer neu anpassen, da doch alle kleine Unterschiede in der Abfolge oder in der Ausführung unterrichten. Es ist eben nicht so, dass Ashtanga Yoga überall gleich geübt wird, sondern es hat sehr stark damit zu tun, wann der Lehrer Ashtanga Yoga gelernt hat; beim frühen oder beim späten Pattabhi Jois, oder bei seinem Enkel, Sharath Jois, der die Methode nun sehr eng hält, und ob man bei einem Mann oder einer Frau übt, denn diese wurden unterschiedlich unterrichtet (wie Nancy Gilgoff berichtet).

Warten vor der Shala

Wer zum ersten Mal ins AYBRC kommt, muss sich übrigens für ein Minimum von drei Wochen verpflichten (Stand 02-2018), es sei denn man hat eine mindestens 3-jährige tägliche Yogapraxis (also 6x pro Woche). Das macht auch absolut Sinn, denn was kann man schon in einer oder in zwei Wochen lernen? Eine Sprache? NEIN. Eine Philosophie oder Übungssystem? NEIN. Eigentlich sind drei Wochen sogar zu kurz. Wer übrigens denkt, dass er so lange keine Yoga „aushält“, übt falsch, gibt also immer zu viel und übt zu weit in der Serie, so dass die Praxis nicht aufbaut und stärkt, sondern abbaut und schwächt. Was ja genau das Gegenteil ist, was man sich durch die Yogapraxis erhofft! Dazu schreibe ich unten noch mehr.

Radha begrüßt uns jeden morgen freudig

Am ersten Tag gab es ein ganz herzliches Willkommen von Radha, die “die Neuen“ empfängt, und kurz erklärt, wie es bei ihnen abläuft. Wir bekamen sogar ein Geschenk! Es gab eine Jute Tasche mit ihrem Logo. Super, da kommen also meine Unterlage und Handtuch rein. Dazu noch zwei Praxiskarten der 1. Serie, und außerdem noch einen Bambus Strohhalm, damit wir unsere Kokosnüsse auch nachhaltig genießen können.

 

 

Vorbereiten auf die Praxis – Einreiben mit Mückenlotion war das erste Ritual

Dann habe ich zum ersten Mal die Shala betreten und war ganz überrascht, wie wenig Schüler da waren. Was? Nur 9 Leute?! Wow, das ist ja fast Einzelunterricht! Nach Aussagen von Langzeit Übenden seien es normalerweise 30 – 35 Yogis. Wegen des Vulkans haben aber viele Schüler abgesagt. Mount Agung ist seit September 2017 wieder aktiver, was in den deutschen Medien sehr dramatisiert wurde. Für die Balinesen ist das aber „ganz normal“ und im Alltagsleben bekommt man seine Aktivität auch nicht zu spüren (z.B. als Aschewolke, dunkler Himmel oder schlechte Atembedingungen). Wir waren im Februar und März immer zwischen 9 und 13 Yogis. Besser hätte es nicht laufen können! Jeder bekommt eine hohe Aufmerksamkeit, was in großen Gruppen mit an die 30-40 Leute unmöglich ist.

Opening Mantra mit Prem und Radha Carlisi

Die neuen sollen immer in die hinterste Reihe, was mir absolut gelegen kam, denn so wird man optisch weniger abgelenkt, was gerade an den ersten Tagen extrem wichtig ist, um seinen eigenen Rhythmus wieder zu finden. Jede Gruppe hat ihre eigene Energie und Dynamik, man stößt als Neuling hinzu und gliedert sich mit seinem Atem in die Gruppe ein. Gerade zu Beginn in einer neuen Gruppe geschieht es mir leicht, dass ich den Atem vernachlässige und mehr an die Serie denke, die Augen den Drishti nicht halten können, weil ich doch noch öfter umher schaue, um die Gegend und die anderen Übenden zu erkunden. Sprich ich werde noch von den äußeren Sinneseindrücken abgelenkt. Die äußerliche „Performance“ stimmt dann zwar, aber es geschieht eben kein Yoga.

Was hilft mir da? Mich zu Beginn ins Kind zu legen, die Augen zu schließen und ganz tief zu atmen. Das Kind mit dem Gesicht Richtung Boden schließt automatisch alles um sich herum aus und hilft so, die den Blick und die Sinne nach innen zu kehren. Die Bewegung des Bauches ist deutlich auf den Oberschenkeln zu spüren, die sanfte wellenartige Auf- und Abbewegung des Rumpfes im gesamten Rücken bemerkbar. 

Der Start mit Surya Namaskara A und B

Dennoch ist das hier gar nicht so einfach, ich musste den Ujjayi Ton sehr stark intensivieren, damit er für mich hörbar wurde, denn die Shala ist zu allen vier Seiten offen und sämtliche Umgebungsgeräusche sind ungedämpft zu vernehmen. Der herabschauende Hund bietet auch immer wieder die Möglichkeit, die Atmung zu intensivieren und gleichmäßiger fließen zu lassen. 

 

In großen Gruppen, wenn die Matten praktisch nebeneinander liegen ist immer ein starkes Ujjayi Rauschen zu hören. In der kleinen Gruppe, und weit auseinander liegend, haben wir dafür mehr geben müssen. 

Hilfestellungen

Prem und Radha geben keine Hilfestellungen, um einen weiter in eine Position hineinzudrücken. Das haben wir alle sehr genossen und war nach Aussagen von anderen Yogis der Grund, warum sie bei den Carlisis üben. Prem und Radha sehen keinen Sinn darin, dass man tiefer in eine Vorbeuge, weiter in eine Drehung oder stärker in eine Rückbeuge kommt, sondern helfen den Körper sich so auszurichten, dass er in Balance kommt, und man mit dem arbeitet, was der eigene Körper hergibt. Dies fühlt sich unheimlich gesund, kraftvoll und harmonisch an. Kann aber auch ganz schön anstrengend sein, wenn man es anders gewohnt war zu üben. Wenn nur alle Ashtanga Lehrer so adjustens würden. Leider ist das harte adjusten in der Ashtanga Community Gang und Gebe und ich habe auch schmerzhafte Erfahrungen mit Lehrern gemacht, und stehe damit auch nicht alleine, wenn ich mich in meinem Ashtangi-Freundeskreis umschaue.

Sie richten mit ihren Adjusts nicht nur den Körper, sondern auch den Geist aus. Und dies geschieht nicht nur taktil sondern auch visuell, indem sie es vormachen, wie man es nachmachen soll, als auch verbal, wie einzelne Körperteile gedreht, gestreckt oder gebeugt werden sollen. Damit haben sie eine hocheffektive Weise, das Gefühl in einer Position zu vermitteln. Neue Positionen lassen sie mehrmals einzeln oder in einer Sequenz wiederholen, damit sich die Empfindung darin stärken kann. 


Eine Variante von Urdhva Dhanurasan mit Block zwischen den Oberschenkeln und Blöcken schräg an der Wand möchte ich zu letzt auch noch mit euch euch teilen, da sie mir besonders gut gefallen hat. Eine sehr effektive Methode, um die Beinaktivität (Innenrotation) zu stärken, und die Brustwirbelsäule zu öffnen.

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